Aus anderen Stadtteilen: Der “Gabenzaun Eimsbüttel”

Solidarische Nachbarschaftshilfe in Krisenzeiten für bedürftige und obdachlose Menschen des Viertels – das will der „Gabenzaun Eimsbüttel“ niedrigschwellig ermöglichen.

Nach der ersten Woche der veranlassten Einschränkungen auf Grund der Corona-Pandemie, kam der Student Henry Lührs auf die Idee, am gesperrten Bolzplatz vom Kaiser-Friedrich-Ufer einen Zaun für Spenden zu initiieren. Kurzerhand fing er mit seinem Mitbewohner Jasper Röber an, sich über Messenger-Dienste zu vernetzen. Eine Gruppe engagierter Nachbarinnen aus Eimsbüttel fand sich digital zusammen, um den „Gabenzaun Eimsbüttel“ zu betreuen.

Der Corona-Lock-Down wird für Bedürftige zur Notsituation Überall in Hamburg hatten innerhalb weniger Tage die meisten Hilfsorganisationen ihren Betrieb vorerst eingestellt. Dadurch entstand ein enormer Unterstützungsnotstand, denn die Verpflegung, der Zugang zu Hygiene sowie die Versorgung mit Kleidung und Dingen des täglichen Bedarfs für obdachlose und von Armut betroffene Menschen reduzierte sich auf ein Minimum. Der Standort am Kaiser-Friedrich-Ufer (kurz Kaifu genannt) wurde unter anderem aufgrund der TAS, der Tagesaufenthaltsstätte des Diakonischen Werkes, gewählt, da diese auch sonst einen Anlaufpunkt für Obdachlose des Viertels darstellt. Aber sowieso liegt der Gabenzaun Eimsbüttel an einem Knotenpunkt im Viertel, an dem viele Menschen vorbeilaufen.

Mit dem Hamburger Gabenzaun e.V. am Hauptbahnhof, stand das Team des Eimsbütteler Gabenzauns von Beginn an in Kontakt und ließ sich beraten. Um anfangs zur Teilnahme anzuregen, riefen Henry Lührs und Jasper Röber in einer selbstorganisierten Solidaritäts-Chatgruppe des Viertels dazu auf, nicht verderbliche Lebensmittel, Kleidung und Hygieneprodukte an besagten Zaun zu hängen – unter Einhaltung der allgemeinen „Corona-Regeln“. In Zweiergruppen trafen sich auch die Helferinnen aus der digitalen Organisationsgruppe, machten mit einem Banner auf den Gabenzaun aufmerksam und hingen vorbildliche Spenden-Tüten an den Zaun.

Der Gabenzaun wächst schnell – und damit die Herausforderung. Nach nur drei Tagen berichteten diverse regionale Medien über den Zaun, woraufhin noch viel mehr Nachbarinnen Spendentüten brachten. Selbstgeschmierte Brote, unverpacktes Obst und große Kleidersäcke, in denen gewühlt wird, stellen allerdings zur Zeit der Corona-Pandemie eine Gefahr für immungeschwächte Obdachlose dar. Auf Aushängen und über Social Media verbreiteten Henry Lührs und eine Gruppe von festen Helferinnen darum Regeln für das Anhängen von Spenden. Vor allem Müll zu vermeiden, ist dem Eimsbütteler Gabenzaun ein wichtiges Anliegen. Dreimal täglich wird am Zaun aufgeräumt, Plastikreste beseitigt, auf dem Boden stehende Tüten werden angehängt. Die Nachbarinnen gewöhnten sich schnell daran, ihre Gaben in beschrifteten Plastiktüten zu bringen. Jeden Tag ist der Zaun am frühen Morgen fast leer und kurz darauf wieder gut gefüllt.

Viel Unterstützung

Die Hamburger Kultmarken Lemonaid und Fritz Kola spendeten Kästen zur Sammlung von Pfand und kleineren Gaben. Seit letzter Woche unterstützt die Stadtreinigung auf freundliche Anfrage mit einer täglichen Reinigung des Geländes und einer eigens für den Zaun bereitgestellten Mülltonne die Sauberkeit rund um den Zaun. Darüber hinaus unterstützt der Hamburger Jugendrat, der sich schon länger gegen Jugendobdachlosigkeit engagiert, diese spontane nachbarschaftliche Initiative.

Warum es jetzt keine Kleiderspenden mehr geben soll

Am häufigsten wurde Kleidung gespendet. Leider wurden beschriftete Tüten und große Säcke aufgerissen und einzelne Kleidungsstücke zum Anprobieren entnommen. Mehrmals täglich mussten bei der Zaunpflege verstreute Klamotten eingesammelt und neu aufgehängt werden. Nach dem Wetterumschwung waren diese dann oft nass und dreckig. Zunächst wuschen und trockneten die Helferinnen die Kleidung zu Hause. Irgendwann war dieses Ausmaß für eine spontane zivilgesellschaftliche Initiative nicht mehr tragbar. Darum werden die Spenderinnen derzeit gebeten, nur noch verpackte, haltbare Lebensmittel und Hygieneartikel anzuhängen. Die Kleidung wird eingesammelt und der Initiative Hanseatic Help übergeben.

Solange Eimsbüttel den Zaun braucht, braucht der Zaun Eimsbüttel

Die Eimsbüttlerinnen können ihre bedürftigen Nachbarn weiterhin solidarisch, unmittelbar und kontaktlos mittels Gabenzaun Eimsbüttel unterstützen. Konserven, kalorienhaltige fest verpackte Lebensmittel sowie Dinge für die tägliche Körperpflege sind besonders geeignet. Vor allem Kernseife, Wasser und Konserven wie Kidneybohnen wurden viel nachgefragt. Damit Spenderinnen wissen, was Zaunnutzerinnen momentan am meisten benötigen, wurde eine Wunschliste am Zaun angebracht. Verderbliche Lebensmittel dürfen aus hygienischen und gesundheitlichen Gründen nicht aufgehängt werden. Wichtig ist, dass alle Spenden in sauberen Tüten, die einsehbar oder deutlich beschriftet sind, an den Zaun kommen.

Eine neunköpfige Gruppe betreut den Gabenzaun und das Drumherum, doch jeder ist eingeladen, sich zu engagieren. Nach der anfänglich hohen Beteiligung am Zaun, haben die Spenden wieder etwas nachgelassen. Die Nachfrage ist jedoch gleichbleibend groß. Nachbarinnen, aber auch lokale Unternehmen und Geschäfte sind herzlich dazu eingeladen, sich an den Spenden am Zaun zu beteiligen.